Was bedeutet Sehschule?
In einer so genannten Sehschule werden vor allem
Kinder, die
schielen, untersucht und behandelt. Daneben werden in der Sehschule aber auch schielende Erwachsene und Menschen mit anderen Sehfehlern betreut. Kinder werden auch
vorbeugend untersucht, um
Sehprobleme erkennen zu können. Meist ist eine Sehschule ein Teil einer Augenklinik oder Augenarztpraxis. Die Fachkräfte, die neben dem
Augenarzt in der Sehschule tätig sind, nennt man
Orthoptisten (beziehungsweise Orthoptistinnen).
Warum heißt diese Einrichtung Sehschule?
Früher fand in der Sehschule durch den Orthoptist beziehungsweise durch die Orthoptistin eine regelrechte Schulung des Sehens statt, welche oft stundenlange Übungen beinhaltete. Dieses langwierige Augentraining ist heute aufgrund der modernen Methoden nicht mehr notwendig. Da der Begriff Sehschule nicht geschützt ist, werden oft auch andere Einrichtungen so genannt, z. B. Augenschulen, die ein Augentraining anbieten. Im eigentlichen Sinne ist mit Sehschule jedoch die Untersuchungseinheit der Orthoptik gemeint.
Welche Menschen sollten wann in der Sehschule untersucht werden?
Die Sehschule dient insbesondere der Früherkennung von Augenproblemen und der Behandlung bereits erkannter Sehstörungen.
Kinder sollten bis zum 2. Lebensjahr durch die Sehschule untersucht werden, damit eine rechtzeitige Behandlung eventueller Sehprobleme erfolgen kann. Kinder, bei denen in der Blutsverwandschaft Fälle von Schielen, höherer Fehlsichtigkeit, Schwachsichtigkeit und andere Augenfehler vorhanden sind, haben ein größeres Risiko, ebenfalls solche Krankheiten zu entwickeln. Sie werden deshalb oft bereits im Alter von 3 Monaten untersucht. Kinder mit merklichen Auffälligkeiten an den Augen sollten bald in der Sehschule vorgestellt werden, z. B. bei Trübungen oder Aufhellungen, besonders großen Augen, Augenzittern oder hängenden Augenlidern.
Menschen aller Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene) sollten dann durch die Sehschule untersucht werden, wenn sie schielen oder unter Doppelbildern leiden. Des Weiteren sollte die Orthoptistin oder der Orthoptist Personen untersuchen, die an unklarer Sehschwäche leiden.
Wie entwickelt sich das Sehen bei einem Kind?
Ein normales, scharfes Sehen ist nach der Geburt noch nicht vorhanden, sondern muss vom Kind erst regelrecht erlernt werden. Dieser Vorgang ist im ersten Lebensjahr am stärksten ausgeprägt und mit etwa sechs Jahren abgeschlossen. Beide Augen müssen so koordiniert werden, dass sie auf denselben Punkt schauen. Ein räumliches Bild muss im Gehirn zusammengesetzt werden. Schon bei kleinen Fehlstellungen oder bei stärkerer Fehlsichtigkeit eines Auges ist dies nicht mehr möglich, und es besteht die Gefahr einer Schwachsichtigkeit (
Amblyopie).
Woran erkennt man ein schlechtes Sehen bei einem Kind?
Bei manchen Kindern ist ein Schielen (Strabismus) oder ein Zittern der Augen (Nystagmus) deutlich von außen erkennbar. Weniger auffällige Zeichen für Sehprobleme können Zukneifen eines oder beider Augen, Blinzeln, Reiben an den Augen, Augentränen, nahes Herantreten an Gegenstände, Stolpern und Ungeschicklichkeit sowie Kopfschiefhaltung sein. Später können Lese- oder Rechtschreibprobleme vorliegen. Das Kind kann über
Kopfschmerzen, Brennen an den Augen, Doppelbilder, Blendung oder eine verschwommene Sicht klagen. Außerdem können Konzentrationsstörungen, Unruhe und Aggressivität unter anderem auch auf Augenprobleme hinweisen.
Welche Sehstörungen können vorliegen?
In der Mehrzahl der Fälle, bei denen Kinder schlecht sehen können, liegt eine
Fehlsichtigkeit vor. Zu den Fehlsichtigkeiten gehören
Kurzsichtigkeit,
Weitsichtigkeit und Stabsichtigkeit (so genannte Hornhautverkrümmung). Bei Kurzsichtigkeit sieht der Patient in der Ferne unscharf, bei Weitsichtigkeit ist es umgekehrt. Bei Stabsichtigkeit ist das Bild mehr oder weniger strichförmig verzerrt. Fehlsichtigkeiten können durch eine
Brille ausgeglichen werden, so dass der Patient wieder die volle Sehschärfe erreicht, sofern keine weiteren
Augenerkrankungen vorliegen.
Des Weiteren kann beim Kind
Schielen vorliegen, also eine Abweichung der Augenstellung von der normalen Sehachse. Schielen zu behandeln, ist das hauptsächliche Anliegen der Sehschule. Das Schielen kann von außen sichtbar sein (manifestes Schielen, Strabismus) oder für andere Personen unmerklich sein (latentes Schielen, Mikrostrabismus).
Ebenfalls können selbstverständlich
organische Augenerkrankungen, die nicht durch eine Brille ausgeglichen werden können, zu einem schlechten Sehen führen. Dazu gehören z. B. kindlicher
Grauer Star (Katarakt, Linsentrübung), Grüner Star (
Glaukom, Augendruckerhöhung) und Erkrankungen der Netzhaut (
Augenhintergrund).
Alle Fälle von schlechtem Sehen beim Kind können zur unwiederbringlichen Herabsetzung der Sehschärfe führen, da das Auge das Sehen nicht lernt beziehungsweise es verlernt. Dies wird dann als
Schwachsichtigkeit (
Amblyopie) bezeichnet. Beim Schielen entsteht dies z. B. dadurch, dass Doppelbilder vom Gehirn ausgeschaltet werden, indem der Sehreiz eines der Augen unterdrückt wird. Eine Sehschwäche kann zu starken Nachteilen in der Entwicklung des Kindes führen. Schwachsichtigkeit soll durch die Maßnahmen der Sehschule verhindert werden, damit ein räumliches und scharfes Sehen möglich ist.
Wie gestaltet sich die Untersuchung durch den Orthoptist / die Orthoptistin?
Anfangs wird genau bestimmt, welche Brillenkorrektur für jedes einzelne Auge optimal ist. Dazu wird, wenn möglich, ein
Sehtest vorgenommen, aber auch eine spezielle Untersuchung namens Skiaskopie durchgeführt (Schattenprobe der Netzhaut). Eine Erweiterung der Pupillen ist für diesen Untersuchungsgang notwendig, auch um die Linse ruhig zu stellen und so ein genaueres Ergebnis zu erhalten. Es erfolgen auch Untersuchungen zum Schielen (Bestimmung des Schielwinkels), zu Augenbewegungsstörungen sowie zum Augenzittern (Nystagmus). Vom Augenarzt wird darüber hinaus überprüft, ob organische Augenkrankheiten vorliegen.
Nach Anpassung der Brille muss diese für einige Wochen getragen werden. Dann erfolgt ein weiterer Sehtest. Falls die Sehschärfe eines oder beider Augen weiterhin schlecht ist, muss eine orthoptische Behandlung erfolgen.
Welche Möglichkeiten der Behandlung durch die Sehschule gibt es?
Bei einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie) erfolgt in der Regel eine Behandlung mit einem
Pflaster (Okklusionspflaster), das in unterschiedlichen Abständen entweder nur auf das eine oder abwechselnd auf beide Augen geklebt wird (Okklusion, Okklusionsbehandlung). Dadurch wird jedes Auge trainiert, scharf zu sehen.
Schielen kann durch Brillengläser mit eingearbeitetem
Prisma ausgeglichen werden. Ein Prisma knickt die einfallenden Lichtstrahlen so ab, dass das Bild auf beiden Augen vom Gehirn wieder zusammengebracht werden kann.
Wenn die Fehlstellung längerfristig nicht verschwindet, so muss eine
Schieloperation erfolgen. Diese wird von Augenärzten durchgeführt. Die Stellung der Augen wird dabei z. B. durch Verkürzung von Augenmuskeln so verändert, dass der Patient mit beiden Augen wieder gleichsinnig sieht.