Grundsätzliches zur Probeentnahme von Gewebe aus der Schläfenarterie
Eine
Gewebeentnahme (Biopsie) aus der
Schläfenarterie (Arteria temporalis) sollte durchgeführt werden, wenn der Verdacht auf eine
Horton-Krankheit besteht. Die Horton-Krankheit (Morbus Horton, Arteriitis temporalis, Riesenzellarteriitis) ist eine Entzündung von Blutgefäßen, die ohne Behandlung in kurzer Zeit zur Erblindung führen kann.
Was ist die Horton-Krankheit?
Beim Morbus Horton handelt es sich um eine Erkrankung, die durch Immunprozesse verursacht wird, die sich gegen körpereigenes Gewebe richten. Dadurch kommt es zu einer
Entzündung der Gefäßwand von Schlagadern (Arterien). Befallen ist meist die Schläfenarterie (Arteria temporalis), die seitlich am Kopf direkt unter der Oberfläche verläuft. Oft ist auch die Arterie betroffen, die das Auge mit Blut versorgt (Arteria ophthalmica). Daher kommt es bei vielen Morbus-Horton-Patienten zur
Erblindung durch Minderdurchblutung des Sehnervs und der Netzhaut. Mitunter kann es sogar zu Arterienverschlüssen im Gehirn kommen, was die Erkrankung dann lebensbedrohlich macht. Meist kann die Erkrankung durch eine intensive Cortisonbehandlung aufgehalten werden.
Die Horton-Krankheit betrifft meist Menschen im höheren Lebensalter. Frauen sind dreimal so häufig wie Männer betroffen. Die Riesenzellarteriitis (Horton-Krankheit) steht oftmals im Zusammenhang mit einem Krankheitsbild mit Muskel- und Gelenkschmerzen (Polymyalgia rheumatica).
Welche Symptome kann der Patient bemerken?
Beim Morbus Horton leidet der Patient meist zunächst an starken
Kopfschmerzen, die vor allem die
Schläfenregion betreffen. Durch Druck auf diesen Bereich kann der Schmerz verstärkt werden. Das Kauen ist schmerzhaft, so dass der Patient oft an Körpergewicht verliert.
Kommt es zu einem Blutgefäßverschluss am Auge, so führt dies zu einem
plötzlichen Sehausfall am betroffenen Auge. Sehr oft handelt es sich um einen Durchblutungsstopp des Sehnervenkopfes (anteriore ischämische Optikus-Neuropathie, AION). Dies führt zu einer akuten und meist dauerhaften Sehverschlecherung mit nur noch schemenhafter Wahrnehmung der Umgebung oder sogar zur Erblindung. Das andere Auge kann innerhalb sehr kurzer Zeit ebenfalls betroffen sein. Um eine Blindheit auf beiden Augen zu verhindern, ist deshalb ein rascher Therapiebeginn notwendig.
Welche Untersuchungen werden beim Verdacht auf eine Horton-Krankheit durchgeführt?
Zuerst erfolgt eine Befragung des Patienten (Anamnese). Die Schläfenregion wird abgetastet, dabei machen sich oft die verhärteten und druckschmerzhaften Schläfenarterien bemerkbar. Blut wird abgenommen, meist zeigen sich angestiegene Entzündungswerte sowie eine Erhöhung der so genannten Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG). Oft wird eine Ultraschalluntersuchung der Schläfenarterie vorgenommen. Von augenärztlicher Seite aus wird insbesondere ein
Sehtest durchgeführt und der Augenhintergrund bei erweiterter Pupille betrachtet. Um einen definitiven Nachweis der Horton-Erkrankung erbringen zu können, sollte eine Gewebeentnahme der Schläfenarterie vorgenommen werden.
Wie wird die Schläfenarterien-Biopsie durchgeführt?
Vor einem solchen Eingriff sollten Medikamente wie Aspirin® und Marcumar®, die die Blutgerinnung herabsetzen, nicht mehr eingenommen werden. Dies wird allerdings mit dem Arzt besprochen.
Zur Probeentnahme der Schläfenarterie (Arteria-temporalis-Biopsie) genügt in aller Regel eine örtliche Betäubungsspritze.
Nach einem Hautschnitt an der Schläfe wird die Arterie (Arteria temporalis) aufgesucht und ein Stück herausgeschnitten. Dazu muss das Blutgefäß unterbunden werden. Nach der Entnahme wird die Haut zugenäht und ein Verband angelegt.
Das Gewebestück wird zur feingeweblichen Untersuchung (Histologie) in ein Labor geschickt. Dort zeigt sich, ob es sich um eine Riesenzellarteriitis handelt, oder ob diese nicht nachgewiesen werden kann.
Welche Komplikationen können bei der Gewebeentnahme auftreten?
Bei der Arteria-temporalis-Biopsie handelt es sich um einen verhältnismäßig einfachen Eingriff. Risiken bestehen dennoch. So kann es zu Blutungen und Blutergüssen sowie manchmal zu Nachblutungen kommen. Infektionen des Gewebes und Wundheilungsstörungen können nicht ausgeschlossen werden. Manchmal bilden sich auffällige Narben. Nerven können verletzt werden, was z. B. zu Sensibilitätsstörungen führen kann. Falls ein nicht normaler Gefäßverlauf vorliegt, kann es in äußerst seltenen Fällen zu Durchblutungsproblemen und zum Absterben von Gewebe am Kopf kommen.
Was kann durch die Probeentnahme der Schläfenarterie erreicht werden?
Die Operation dient nur der Untersuchung, nicht jedoch der Behandlung der Horton-Krankheit. In der
feingeweblichen Untersuchung (Histologie) des Arterienstücks kann in vielen Fällen nachgewiesen werden, dass es sich um eine Riesenzellarteriitis im Sinne der Horton-Krankheit handelt. Manchmal lässt sich dies jedoch nicht zeigen, was allerdings nicht ausschließt, dass es sich doch um die Erkrankung handelt. Daher sollte eine angemessene Therapie auch dann erfolgen, wenn lediglich der Krankheitsverlauf auf einen Morbus Horton hindeutet.
Wie läuft die weitere Behandlung der Horton-Erkrankung ab?
Bereits beim Verdacht auf Horton-Krankheit wird
Cortison in hoher Dosis verabreicht. Dies ist notwendig, um eine Erblindung und eine Durchblutungsstörung im Gehirn zu verhindern. Meist ergibt sich eine baldige Besserung der Symptome, und eine mögliche Erblindung kann aufgehalten werden. Bereits eingetretene Schäden können jedoch in der Regel nicht wieder rückgängig gemacht werden. Die Dosis wird im Verlauf anhand der Symptome und Blutbefunde verringert. Es sollte aber noch Monate bis Jahre nach dem Auftreten der Krankheit Cortison gegeben werden, um einem erneuten Aufflammen vorzubeugen.
Die Nähte an der Haut können nach einigen Tagen von einem Arzt gezogen werden.