Hat ein Augenarzt das Recht eine Brille zu vertreiben?
Laut Bundesgerichtshof ist eine Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Celle bezüglich des Brillenvertriebs von Augenärzten zulässig. Dieses hatte am 21.12.2006 entschieden, dass der Vertrieb von Brillengestellen über Augenärzte nicht per se wettbewerbsrechtlich bedenklich sei.
Augenärzte Brillenvertrieb
Für den Zentralverband der Augenoptiker ZVA hängt viel von der Urteilsverkündung ab, wird dieser Prozess doch gemeinhin als Musterprozess verstanden. Kein Wunder, sehen die Augenoptiker diese Entscheidung nun als Etappensieg für sich.
Das Oberlandesgericht Celle ist in seinem Gerichtsurteil hingegen der Auffassung, dass ein Augenarzt sehr wohl an einem Brillenvertrieb beteiligt sein darf. Es sieht keinerlei rechtliche Beschränkung in der Berufsordnung der Augenärzte. Den Brillenvertrieb sieht das OLG in Übereinstimmung mit dem Passus der Berufsordnung, wonach eine Warenabgabe lediglich als notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie erfolgen darf.
Laut OLG Celle reichen demnach Gründe der Bequemlichkeit und der Vermeidung von zusätzlichen Wegen aus, die die Abgabe von Brillen über den Augenarzt rechtlich unbedenklich machen. Zudem würde nach Auffassung des Gerichts somit sichergestellt, dass die ärztliche Verordnung korrekt umgesetzt werde. Das OLG Celle lehnt sich mit dieser Entscheidung an ein ähnliches Urteil im Bereich Hörgeräteversorgung über HNO-Ärzte aus dem Jahr 2000 an. Hierbei hatte selbst der BGH den verkürzten Versorgungsweg für rechtens gehalten.
Laut EU-Richtlinie bekommen die Gerichte aber nun freiere Handhabe gegenüber unlauteren Geschäftspraktiken. Sie dürfen nun Gebaren bestimmter Berufsstände kritischer beurteilen, die aus ihrer Position gegenüber dem Verbraucher bewusst Vorteile ziehen. Ist der Bundesgerichtshof der Auffassung, dass in diesem Fall die Augenärzte die Wahlfreiheit des Patienten mit ihrem Angebot einschränken, so ist eine Revidierung des Urteils vom OLG Celle I ZR 13/07 zu erwarten.
Laut Rechtsanwälten hat das Urteil, wie immer es auch letztendlich ausfällt, weitreichende Konsequenzen auch für andere Berufsgruppen.
Wird der Verkauf von Medizinprodukten in Arztpraxen weiter liberalisiert, so ändert sich das Berufsbild des Arztes mit Heilauftrag hin zu einem Verkäufer, dessen Therapie abhängig vom Umsatz mit entsprechenden Hilfsmitteln in seiner Praxis ausgewählt werden könnte. Die Begründung, der Vertrieb erfolge nur an nicht mobile Patienten wie Gehbehinderte oder in Sonderfällen, in denen bisher Verordnungen durch den Augenoptiker nicht richtig ausgeführt wurden, reicht nach der Auffassung von Juristen zur endgültigen Klärung des Sachverhalts nicht aus. Entscheidend ist hierbei auch die gerichtliche Definition des Begriffs von Hilfsmitteln als notwendiger Bestandteil der ärztlichen Therapie.