Die Arbeitswelt ist im Wandel. Die Digitalisierung hat in den meisten Branchen und Tätigkeitsfeldern Fuß gefasst. Neue Technologien bringen vielfältige Vorteile, aber auch Herausforderungen mit sich. Eine tiefgreifende Veränderung ist die wachsende Bedeutung von Bildschirmarbeit. Zahlreiche Jobprofile haben sich an den digitalen Wandel angepasst, indem eine immer größere Bandbreite an Einzelprozessen an den Bildschirm verlagert werden.
Neben einer Steigerung der Effizienz und der Entwicklung sinnvoller Synergien bringt die zunehmende Bildschirmarbeit gesundheitliche Herausforderungen mit sich. Die Augen sind von dem verstärkten Fokus auf digitales Arbeiten besonders gefordert. Der digitale Wandel hat eine stärkere Belastung der Augen am Arbeitsplatz mit sich gebracht. Um den neuen Gegebenheiten gerecht zu werden und die Augengesundheit bei der digitalen Arbeit zu fördern, ist eine bewusste Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatzes erforderlich.
Dass häufiges und langes Arbeiten am Bildschirm die Augen anstrengt und die Augengesundheit gefährden kann, ist lange bekannt. Die Auswirkungen, die die Bildschirmarbeit auf den Sehapparat und die Augengesundheit haben kann, sind medizinisch gut erforscht. Unter dem Begriff des so genannten „Office-Eye-Syndrome“ werden die unterschiedlichen Begleiterscheinungen zusammengefasst, die durch ausgedehnte Zeiten am Bildschirm auftreten können. Die Risiken für die Augengesundheit können in zwei Kategorien unterteilt werden: Die Bildschirmarbeit an sich und Beeinträchtigungen durch anhaltendes Blendlicht.
„Wir gehen davon aus, dass etwa 70 Prozent der Menschen, die an Bildschirmen arbeiten, Beschwerden mit den Augen haben“, sagt der Optometrist Oliver Kolbe von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Die Problematiken, die durch ausgedehnte und regelmäßige Bildschirmarbeit im Bereich der Augengesundheit auftreten können, sind vielfältig und unterschiedlich stark ausgeprägt.
Eine typische Begleiterscheinung sind trockene Augen. Sie ist darauf zurückzuführen, dass das Auge beim starren Blick auf den Bildschirm tendenziell seltener blinzelt. Blinzeln wir abseits des Bildschirms im Durschnitt bis zu 22-mal pro Minute, kann die Frequenz beim Blick auf den Bildschirm auf 7 Lidschläge herabgesetzt werden. Das hat zur Folge, dass das Auge weniger zuverlässig befeuchtet wird und sich schnell trocken anfühlen oder brennen kann.
Ebenso häufig sind Ermüdungserscheinungen des Sehapparates durch häufige schnelle Blickwechsel zwischen Bildschirm, Tastatur und Maus. Bis zu 3.500-mal kann der Blick innerhalb einer Arbeitsstunde am Bildschirm hin und her springen. Die kleinen, aber schnellen und Bewegungen können die Muskulatur, die an der Adaptation des Auges beteiligt ist, durch die Dauerbelastung ermüden. Angestrengte Augen, Kopfschmerzen und eine ungesunde Körperhaltung zum Ausgleich der Ermüdungserscheinungen können die Folge sein.
Im wissenschaftlichen Diskurs um die Augengesundheit am Bildschirm kontrovers diskutiert sind die gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Blaulichtes, das Bildschirme abstrahlen. Moderne LED-Bildschirme enthalten einen besonders hohen Blaulichtanteil. Genau wie beim ultravioletten Licht handelt es sich bei Blaulicht um ein kurzwelliges Licht, das eine höhere Energiedichte aufweist als Infrarotlicht und damit eher eine gesundheitsschädliche Wirkung auf die Augen haben kann. Im Rahmen einer Pressekonferenz anlässlich des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Ophthalmologie (DOG) 2023 wies Professor Michael Bach von der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg jedoch darauf hin, dass das Auge am Bildschirm lediglich einer 100 mal geringeren Intensität von Blaulicht-Strahlung ausgesetzt sei als beim natürlichen Licht im Außenbereich. Dennoch bleiben die Auswirkungen von intensiver Blaulicht-Strahlung auf die Augengesundheit ein zentrales Thema in der Erforschung von gesundheitlichen Aspekten der Bildschirmarbeit.
Ein zweiter wesentlicher Faktor zur Augengesundheit bei Bildschirmarbeit ist das Blendlicht als möglicher Auslöser von Beeinträchtigungen des Sehapparates. Der Effekt des Blendens entsteht, wenn Licht mit besonders hoher Intensität auf das Auge trifft und die natürlichen Anpassungsmöglichkeiten des Auges auf den Lichteinfall nicht mehr in der Lage sind, dies in ausreichendem Maße auszugleichen. Augenmediziner unterscheiden zwischen der Direktblendung, die durch den Einfall einer hohen Lichtdichte im direkten Gesichtsfeld erzeugt wird, und der Reflexblendung, die entsteht, wenn eine Lichtquelle außerhalb des Gesichtsfeldes mit hoher Intensität eine Reflexion auf einer Oberfläche entstehen lässt, die wiederum auf das Auge trifft und die Adaptionsfähigkeit des Auges überfordert.
Die Blendung führt dazu, dass die empfindlichen Lichtrezeptoren im Auge dauerhaftüberfordert sind und ihre Arbeit nicht mehr zuverlässig ausführen können. Die Folge ist eine Einschränkung der Sehfähigkeit sowie eine Überanstrengung des Sehapparates. Wirkt ein Blendreiz wiederholt oder dauerhaft auf die Augen, sind bleibende Schädigungen möglich.
Als äußere Schutzmaßnahme gegen blendende Lichtreize werden Sonnenbrillen oder Schutzbrillen eingesetzt. Auch der Körper reagiert in der Regel reflexartig mit der Verengung des Auges bis hin zum gänzlichen Zukneifen. Durch die Verengung des Auges von außen wird die Pupille verkleinert, was zu einer Reduzierung der Empfindlichkeit der Netzhaut führt. So kann der von außen eindringende Lichtreiz verkleinert werden. Ist die Blendung sehr stark, tendieren viele Menschen dazu, ein Auge vollständig zu schließen. Dies führt zu einer Halbierung des eindringenden Lichtreizes und das verbliebene offene Auge ist häufig zumindest kurzfristig in der Lage, begrenzt zu sehen und eine Orientierung zu ermöglichen. Besteht eine starke Diskrepanz der Sehstärke zwischen beiden Augen, wird meist instinktiv das weniger starke Auge verschlossen, um ein Maximum an Sehfähigkeit erhalten zu können.
Bei der Bildschirmarbeit gehören blendende Lichteffekte zu den häufigsten Einschränkungen des Sehapparates und können bei langfristiger Belastung eine Beeinträchtigung der Augengesundheit mit sich bringen. Eine bewusste Gestaltung des Arbeitsplatzes ist unerlässlich, um die Augen bei häufiger und langanhaltender Bildschirmarbeit vor Blendung zu schützen.
Ein wesentlicher Faktor ist die Positionierung des Computerarbeitsplatzes im Hinblick auf natürliche Lichtquellen. Ein hohes Maß an Tageslicht in Arbeitsräumlichkeiten steigert nachweislich die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit und kann sich langfristig positiv auf die Gesundheit und die Arbeitszufriedenheit auswirken. Je stärker die Sonneneinstrahlung, desto größer ist jedoch das Risiko unangenehmer Blendreflexe auf dem Bildschirm. Der Schreibtisch sollte nach Möglichkeit seitlich zur Lichtquelle positioniert werden, sodass das einfallende Sonnenlicht weder von vorne auf das Gesichtsfeld noch von hinten auf den Bildschirm trifft. So können Direktblendung und Reflexblendung gleichermaßen reduziert werden.
Eine wichtige Ergänzung ist ein zuverlässiger Sonnen- oder Blendschutz, der den direkten Einfall von Tageslicht filtert und das Risiko des Blendens reduziert. Für eine flexible Nutzung von natürlichem Tageslicht bei gleichzeitigem Blendschutz können Plissees am Arbeitsplatz zum Einsatz kommen. Ihre Textur zeichnet sich durch hohe Lichtdurchlässigkeit aus, sodass das wertvolle Tageslicht genutzt werden kann, ohne bei der Bildschirmarbeit zu stark zu blenden. Plissees werden auf der gesamten Fensterfläche angebracht und können je nach Stand der Sonne und tageszeitlich bedingtem Lichteinfall individuell reguliert werden. Diese Möglichkeit ist inzwischen auch in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verankert. Diese sieht vor, dass die Stärke des Tageslichteinfalls am Arbeitsplatz je nach Art der Tätigkeit regulierbar sein muss. So soll nicht nur ein hochwertiger Blendschutz gewährleistet werden, sondern auch die Erhaltung einer Sichtverbindung nach außen je nach tageslichtbedingtem Lichteinfall.
Zu einer ergonomischen und blendarmen Gestaltung des Bildschirmarbeitsplatze gehört noch mehr. So müssen nach Arbeitsstättenverordnung moderne Bildschirmarbeitsplätze so gestaltet sein, dass alle Oberflächen reflexionsarm und matt gewählt sind. Künstliche Lichtquellen sind so auszuwählen und zu platzieren, dass sie vollständig abgeschirmt sind, ein direkter Blick in die Lichtquelle also verhindert wird. Unverkleidete Leuchtkörper und farbliche Lichtquellen gelten als ungünstig für die Augengesundheit am Bildschirm. Künstliche Lichtquellen, die in die Decke eingelassen sind, verursachen besonders geringe Blendeffekte, wenn sie längst zur Blickrichtung ausgerichtet sind. Die ideale Beleuchtungsstärke für Bildschirmarbeitsplätze liegt nach Einschätzung von Augenärzten bei 400 bis 600 Lux.
Auch die Farbgestaltung am Bildschirmarbeitsplatz spielt eine Rolle bei der Vermeidung von Blendlicht. Zu starke farbliche Kontraste sollten vermieden werden. Ideal sind helle, aber gedeckte Farbtöne wie Beige. Weiße Oberflächen können dagegen zu unerwünschten Reflexionen führen. Auf dem Bildschirm selbst sorgen optimale Kontrasteinstellungen für ein möglichst störungsfreies Sehen und eine Schonung der Augen auch bei häufiger und langanhaltender Bildschirmarbeit.
Nicht zuletzt unterstützen regelmäßige Pausen und gezielte Entspannungsübungen die Augengesundheit bei der Bildschirmarbeit. Rund 10 bis 15 Minuten Pause empfehlen Augenärzte pro Arbeitsstunde. Bewegung an der frischen Luft, bei der das Gehirn ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird und der Blick entspannt in die Ferne schweifen darf, sind der beste Ausgleich für angestrengte Bildschirmaugen.
Letzte Aktualisierung am 25.03.2024.