Im Jahr 2010 wurde von Tier-Augenarzt Dr. Andras Komaromy an der Michigan State University eine neue Studie durchgeführt. Er behandelte Hunde, die an Achromatopsie, einer erblichen Form vollständiger Farbenblindheit litten. Durch den Austausch des defekten Genes gegen ein vollständiges, gesundes Gen konnten die Versuchshunde vollständig geheilt werden. Allerdings war das Verfahren nur dann erfolgreich, wenn der behandelte Hund jünger als ein Jahr war.
Die Ergebnisse dieser früheren Studie liessen vermuten, dass die Photorezeptorenzellen, in der Fachsprache „cones“, Kegel, genannt und für die Verarbeitung von Licht und Farbe zuständig, bei älteren Hunden schlichtweg zu verbraucht sind, um auf die Therapie noch zu reagieren.
Komaromy schloss daraus, dass ein Erfolg seiner Gen-Therapie vorab die Veränderung bestimmter Voraussetzungen erforderte. Die Photorezeptorenzellen durften nicht zu alt und degeneriert sein. Bei der neuen Studie stellte sich der Facharzt die folgende Frage: Was würde passieren, wenn man den lichtempfindlichen Teil der „Kegel“ selektiv zerstörte und ihn vor einer Therapie neu nachwachsen ließe? Dann läge eine jüngere, weniger degenerierte Zelle vor, die in der Lage ist, auf die Therapie auch anzusprechen.
Komaromys aktuellste Studie arbeitete dann auch entsprechend mit Hunden im Alter zwischen einem und drei Jahren, die an der beschriebenen absoluten Farbenblindheit erkrankt waren. Bevor die Wissenschaftler das defekte Gen ersetzten, behandelten sie einige der Hunde mit einem Protein namens CNTF, das vom zentralen Nervensystem verwendet wird, um Zellen gesund zu erhalten oder zu erneuern. Die Hunde erhielten von diesem Protein eine so hohe Dosis, dass die Photorezeptoren davon teilweise zerstört und neu gebildet wurden.
Komaromy berichtete verblüfft über die Ergebnisse: Alle sieben so behandelten Hunde reagierten, unabhängig von ihrem Alter mit einer vollständigen Wiederherstellung der Sehkraft.
Auch wenn die Absolute Farbenblindheit, Achromatopsie, bei Menschen sehr selten vorkommt, heben die Autoren der Studie dennoch hervor, dass auch andere Störungen der Photorezeptoren Hunde und Menschen in gleicher Weise beeinträchtigen können. Sie gehen daher davon aus, dass die neu erprobte Art der kombinierten Behandlung von Zellerneuerung und Gen-Tausch auch zusätzliche Chancen für Menschen mit sich bringt, selbst wenn man davon ausgeht, dass nicht alle Ergebnisse aus Tierversuchen sich erfolgreich am Menschen anwenden lassen.
„Auf der Basis der bisherigen Ergebnisse könnten wir beispielsweise eine neue Netzhaut-Therapie entwickeln“, so Komaromy. Eine Behandlungsmöglichkeit allein reicht womöglich nicht aus, um einen Verlust der Sehkraft rückgängig zu machen. Dagegen erhöht eine Kombinationstherapie die Erfolgschancen.
Die Studie von Dr. Komaromy wurde unterstützt vom US-Amerikanischen Nationalen Augen Institut und der Stiftung zur Bekämpfung der Blindheit. Veröffentlicht wurde sie erstmals am 9. April 2013 im Fachjournal „Molekular Therapie“.
aktualisiert am 24.04.2013